Schon viele Jahre nehme ich mir vor, das Apfelfest auf dem Schwanberg zu besuchen. Es findet stets am ersten Samstag im Oktober statt, heuer bereits zum 21. Mal. Organisiert wird das Fest von der Mikroregion Konstantinolažeňsko und dem MAS Česky Zapad mit Unterstützung der Pilsener Region. Inzwischen hat es sich zur größten Veranstaltung in der Gegend entwickelt. Zuletzt fand das Apfelfest auf dem Weseritzer Flugplatz statt, weil nur dort ausreichend Parkplätze für die vielen mit dem Auto anreisenden Besucher zur Verfügung standen. Überhaupt berichten die Organisatoren, das Fest sei immer beliebter geworden und habe in den letzten Jahren seinen ursprünglichen Charakter verloren. Zurück zu den Anfängen, hieß es, man plane für dieses Jahr in kleinerem Maßstab. Autos dürfen nicht mehr auf der Wiese unterhalb des Schwanbergs parken, sondern auf der etwas weiter entfernten Wiese hinter dem Fußballplatz in Kokaschitz. Die Zahl der Essensanbieter sowie der Tische und Bänke wurde reduziert. Die Gäste forderte man auf, stattdessen Picknickdecken mitzubringen.
Ein langes Wochenende in Prag nutze ich für einen Ausflug auf den Schwanberg. Am Samstag früh nehme ich den Regionalzug nach Pilsen und von dort weiter die Lokalbahn über Neuhof nach Weseritz. Verkehrstechnisch ist dieser Triebwagenzug eine Herausforderung: eine Stunde und 15 Minuten, 16 Haltestellen. Bahnliebhaber kommen aber eindeutig auf ihre Kosten. Unter den Fahrgästen des vollen Zuges bleibt die Stimmung gelöst, niemand mosert oder meckert. Was für ein Kontrast zu meinem Alltag im brandenburgischen und Berliner Nahverkehr. Die Ausblicke in die Landschaft sind traumhaft und die Überquerung der Mies auf der kürzlich renovierten Brücke ist ein Erlebnis. Für die Festbesucher besteht am Bahnhof in Weseritz ein Shuttle-Service, der Apfelexpress. Am Steuer des in die Jahre gekommenen Busses sitzt der Bürgermeister, jeder Fahrgast wird persönlich begrüßt.
Oben auf dem Schwanberg präsentieren Vereine und Initiativen ihre Arbeit, bieten Kaffee und Kuchen an, und natürlich gibt es Apfelmost und Apfelstrudel, aber auch mährischen Federweißen, slowakischen Räucherkäse, Bratwurst und Kuttenplaner Bier. Stände mit Handwerksprodukten, Spielgelegenheiten für Kinder, Staffeleien für angehende Hobbymaler, und ein Konzert des Jan Hrubý Trios in der Magdalenenkirche runden das Angebot ab. Ein Wettbewerb um das beste Apfelprodukt darf auf einem Apfelfest nicht fehlen. Mein persönliches Highlight ist aber der Stand mit „vietnamesischen Spezialitäten des singenden Kochs“. Dieser vietnamesische Koch begeistert die Zuhörer mit beliebten tschechischen Volksliedern. Das Durchschnittsalter der Festbesucher ist erstaunlich niedrig; regionale Produkte scheinen die Gäste aus der ganzen Gegend anzuziehen wie ein Magnet. Überfüllt ist der Schwanberg deswegen aber nicht. Atmosphäre statt Rummel.
Gerne würde ich die Unterhaltungen mit Freunden, Bekannten und bislang Unbekannten, die mir auf dem Fest begegnen, noch ein wenig länger führen, aber die letzte Lokalbahn möchte ich dann doch nicht verpassen. Der Rückweg führt mich zu Fuß über Tschelief und Polschitz zum Bahnhof in Konstantinsbad. Knallrote Hagebutten leuchten am Wegesrand, die Obstbäume sind bereits herbstlich gefärbt und von verwilderten Birnbäumen fallen steinharte Früchte auf den Boden. Hinter mir liegt der Schwanberg, links der Schafberg und auf der rechten Seite der Radischer Berg. Auf Wiedersehen im Weseritzer Ländchen – nächstes Jahr.
Der Beitrag ist im Heimatbrief für die Bezirke Plan-Weseritz und Tepl-Petschau, Jänner/Feber 2024, erschienen.